Das neue Jahr ist noch ganz frisch und mit ihm die guten Vorsätze. Reichlich Bewegung, weniger vom Lasterhaften und mehr vom Gesunden – so oder so ähnlich steht es wohl auf zahlreichen Plänen für 2022. Eine willkommene Einladung dazu bietet unter anderem, neben vielfachen Diät- und Fitnessangeboten, der „Veganuary“. Diese Initiative ruft zu einer gemeinschaftlichen pflanzenbasierten Ernährungsform im Jänner auf und hat sich seit der Initiierung im Jahr 2014 in aller Herren Länder etabliert. Seine Küche einen Monat lang im Sinne des eigenen Wohlgefühls und für Mensch, Tier und Umwelt umzustellen, kann ein genussvolles kulinarisches Abenteuer sein. Gerade dann, wenn auch die Backstube Eier, Butter und andere Milchprodukte zeitweilig durch köstliche Alternativen abtauscht.
Essen nach dem (tierischen) Ausschlussprinzip
Ernährungstrends kommen und gehen. Der Veganismus hat sich jedoch über die Jahre etabliert und ist gekommen, um nachhaltig zu bleiben. Insbesondere Themen wie Achtsamkeit, Nachhaltigkeit und Tierwohl haben ihm Auftrieb gegeben und wenngleich sich die Zahl der ausgewiesenen Pflanzenköstler hierzulande im einstelligen Prozentbereich bewegt, steigt die Anzahl jener Menschen, die sich zumindest zeitweise in Verzicht üben. Flexitarismus lässt sich einfach und ohne großen Aufwand auch in Familien- und Gemeinschaftsverbänden gut umsetzen – ganz im Sinne der ebenfalls anhaltenden Entwicklung hin zur Individualisierung, was Form, Art, Zeit und Gewohnheiten des „täglich Brot“ angeht. Wer also mit Bedacht seinen Speiseplan entsprechend aufstellt, wird schnell feststellen, dass Verzicht durchaus eine genussvolle Facette haben kann. Ganz abgesehen von den positiven Auswirkungen auf die guten Vorsätze, was einen behutsamen Umgang mit eigenen und natürlichen Ressourcen betrifft.
Vegan – eine Begriffsbestimmung
Was genau „vegan leben“ bedeutet, ist eine Frage der eigenen Definition. Grundsätzlich wird alles weggelassen, was tierischen Ursprungs ist. In Sachen essen und trinken bedeutet dies, dass weder Fleisch und Fisch, noch Milchprodukte, Eier und auch Honig konsumiert wird. Auch Kosmetik, Pflege- und Reinigungsprodukte werden bei konsequenter Lebensführung auf tierische Inhaltsstoffe, Tierversuchsfreiheit und pflanzliche Reinheit geprüft. In Style-Fragen stehen Leder, Pelz, aber auch Wolle und Daunen auf der „roten Liste“ und echte Hardliner meiden den Besuch von Zoo, Zirkus und ähnlichen Einrichtungen. Die Gründe für eine Verzichtserklärung sind in erster Linie ethischer Natur. Komponenten wie der Schutz der Umwelt und Fokus auf die eigene Gesundheit kommen hinzu. Wie weitreichend man den Veganismus als Konzept in seinem Leben etabliert, bleibt letzten Endes dem eigenen Ermessen überlassen. Bei der Ernährung ist es wie so oft Geschmacksache und eines ist gewiss: Hauptsache, es schmeckt (köstlich) und macht vital, satt und glücklich.
Die Zutaten der veganen Kost
In der pflanzlichen Alltagsküche bilden Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Getreide, Samen und natürlich Kräuter und Gewürze den Grundstock. Ergänzt wird der Vorrat durch nicht-tierische Milch-Ersatzprodukte, Erzeugnisse aus Soja wie zum Beispiel Tofu oder Tempeh und zahlreiche andere Alternativen, die bereits angeboten werden. Die Palette reicht von Fertig- und Halbfertigfabrikaten mit unterschiedlichen Convenience-Graden wie zum Beispiel Bratlinge, „Schnitzel“, Pasta und weitere Zubereitungen auf Hülsenfrüchte- bzw. Getreidebasis. Darüber hinaus gibt es vegane Fleisch- und Fischersatzprodukte – vom veganen Hackfleisch bis hin zum veganen Thunfisch. Zum Abtausch von Milchprodukten eignen sich Ableitungen wie „Milch“, „Topfen“ und „Rahm“ aus Getreide, Nüssen und Hülsenfrüchten. Wer vegan bäckt, sollte sich zusätzlich um Ei-, Honig- und Butter-Ersatz Gedanken machen. Was zuerst einmal etwas umständlich klingt, ist in Wahrheit kinderleicht. Einen Überblick der besten Optionen gibt es hier kompakt zusammengefasst.
TIPP: Wie so oft, gibt es auch beim veganen Lebensmitteleinkauf ein paar Dinge zu beachten, um nicht ins tierische Fettnäpfchen zu treten. Es gibt nämlich eine Bandbreite an Produkten, die auf den ersten Blick unbedenklich erscheinen, sich bei genauerer Betrachtung jedoch als „Wolf im Schafspelz“ herausstellen. Insbesondere vermeintlich natürliche Erzeugnisse wie Wein, Schaumwein, Bier, Fruchtsäften, Backwaren, Essig, Marmeladen und selbst in pflanzlichen Produkten wie Margarine und einfachen Mischungen wie Puddingpulver können tierische Bestandteile enthalten sein. Einzig die Kennzeichnung „vegan“ und ein genauer Check der Zutatenliste bringt Aufschluss und entsprechende Klarheit.
Die besten pflanzlichen Alternativen zum Backen Nimm dies, mach das: Unter diesem Vorzeichen lässt sich das Wechselspiel in der veganen Backstube ganz leicht umsetzen. Für jedes tierische Produkt gibt es nämlich zumeist gleich mehrere würdige Ersatzspieler. Verzicht auf Butter und Obers? Läuft wie geschmiert! Eifrei? Einwandfrei! Tortenguss ganz ohne Gelatine? Ganz easy! Ohne Milchprodukte Ganz offiziell dürfen sich pflanzliche Alternativen zu Milch, Rahm, Topfen und Co. nicht als solche bezeichnen. Deshalb findet man sie oftmals als „Drink“, „Cuisine“, „Creme“, „Skyr“ oder ähnlichem in den Regalen der Supermärkte. Das tut dem Abtausch jedoch im Rezept keinen Abbruch. Überwiegend lassen sich Milchprodukte eins zu eins durch vegane Produkte ersetzten. Auch für Menschen mit Laktoseintoleranz ist die Angebotsvielfalt ein wahrer Segen, denn sie können wahrlich aus dem Vollen schöpfen.
Alternativen zu Milchprodukten
auf Nuss-Basis: Mandel, Haselnuss, Pistazie, Paranuss
auf Getreide-, Pseudogetreide- & Reis-Basis: Hafer, Dinkel, (Buch-)Weizen, Hirse, Reis
auf Hülsenfrüchte-Basis: Soja, Erbsen, Bohnen
weitere Varianten: Cashew, Kokos, Hanf
TIPP: Wer selbst beispielsweise Nussmilch herstellt, kann die Rückstände – den Trester – direkt zu köstlichen Käsealternativen verarbeiten. So lässt sich aus Mandeltrester Feta-Ersatz herstellen. „Überbleibsel“ aus Getreide eignet sich als Zutat von süßen und pikanten Aufläufen, Porridge oder Kuchen. Frei von Ei Es mag auf den ersten Blick gar nicht so einfach erscheinen, Eier in Kuchen, Palatschinken, Laibchen und anderen bindungsbedürftigen Zubereitungen zu ersetzen. Die Möglichkeiten gehen jedoch bei genauerer Betrachtung schier ins Unendliche. Bei der Wahl der geeigneten Abtauschvariationen ist die geschmackliche Harmonie mit den restlichen Beigaben in Betracht zu ziehen. Fruchtpürees sind natürlicherweise besser für Süßspeisen als für Gemüsebratlinge geeignet. Alternativen zu Eiern
Chia- und Leinsamen im Verhältnis 1:3 mit Wasser zu einem Gel angerührt
Flohsamenschalen und Johannisbrotkernmehl – ebenfalls in Verbindung mit Flüssigkeit
Sonnenblumen-, Soja- und Kichererbsen-Mehl
Fruchtmark aus Apfel, Birne, Banane, Marille, Mango, etc.
Gemüsepüree aus Kürbis, Karotten, Pastinaken, etc.
Stärke aus Kartoffel, Mais, Reis oder Tapioka, etc.
Essig und Natron (je ein Esslöffel) oder prickelndes Mineralwasser
glattgemixter Seidentofu
Eischnee lässt sich durch aufgeschlagenes Kochwasser von Bohnen oder Kichererbsen (auch Aquafaba genannt) nachahmen
TIPP: Eigelb sorgt nicht nur für eine gewisse Cremigkeit, sondern auch für die typisch gelbe Farbe. Um diese auch in pflanzenbasierten Rezepten zu erlangen, empfiehlt sich die Zugabe von einer Prise Curcuma oder Safran. Auf der veganen Butterseite Wie bereits eingangs erwähnt, ist Margarine nicht automatisch rein pflanzlich – außer es ist klar und eindeutig gekennzeichnet. Dann ist sie selbstredend ein brauchbares Substitut mit ähnlichen Backeigenschaften. Ein Blick ins Kühlregal lässt zudem feststellen, dass es mittlerweile auch weitere vegane butterähnliche Erzeugnisse namhafter Hersteller zu erwerben gibt. Auch hier gilt wiederum: Geschmack und individuelle Vorliebe ist Trumpf. Der naturbelassenste Ersatz ist in jedem Fall reines, hochwertiges Pflanzen-Öl. Dem ist nichts (an Zusatz- und Hilfsstoffen) hinzuzufügen. Alternative zu Butter
pflanzliche Margarine & butterähnliche Produkte
Pflanzenöle aus Nüssen, Samen, Früchten
TIPP: Es gibt besonders edle Tropfen unter den öligen Flaschenkindern. So lassen sich mit Macadamia-, Avocado- oder geröstetem Sesamöl wunderbare geschmackliche Akzente setzen. Aber Achtung: nicht jedes Pflanzenöl verträgt die Hitze des Backofens gut, deshalb besser zuvor nachlesen, was man guten Gewissens in den Kuchenteig rühren kann und wo Vorsicht geboten ist.
Ohne Bindungsphobie Backmassen brauchen Unterstützung beim Zusammenhalt, insbesondere wenn feuchte Zutaten wie Obst- und Gemüsepürees bzw. flüssige Zutaten beigegeben werden. Auch dafür hat das vegane Repertoire die passende Lösung parat. Etliche der genannten Ei-Ersatzstoffe eignen sich dafür. Chia-, Lein- und Flohsamenschalen binden Feuchtigkeit ebenso wie Stärke und Johannisbrotkernmehl. Für spezielle Teigarten wie z.B. Hefeteig kann man auch eine Prise Xanthan oder Bambusfasern verwenden. Statt Gelatine geht Agar Agar, ein aus Seetang gewonnenes Gelier- und Bindemittel, ins vegane Rennen. Süß wie Honig Sollte in einem Rezept Honig als (halb-)flüssige Süße angegeben sein, bieten Reis-, Agaven-, Ahorn-, Apfeldicksaft bzw. -sirup eine willkommene Abwechslung. Zucker per se ist vegan und kann deshalb in der Pflanzenkoch- und Backkunst verwendet werden. TIPP: Auch Trockenfrüchte lassen sich rasch und praktikabel zu süßendem Mus verarbeiten. Dafür einfach kurz in Flüssigkeit wie heißem Wasser, Fruchtsaft oder Rum ca. 15 Minuten einweichen, gegebenenfalls abgießen und fein pürieren.
Wissen kompakt
Ob dauerhaft, für einen Monat oder flexibel, wenn es gerade ins eigene Leben passt: Vegan ist definitiv eine Alternative und weit weniger aufwändig als zuerst angenommen. Mit ein paar Kniffen, den richtigen Zutaten, etwas Planung und Kreativität lässt sich die Pflanzenkost selbst für Familien und eingeschworene Fleischesser umsetzen. Auf Gaumenfreude muss dabei keinesfalls verzichtet werden, denn der tierfreie Gabentisch ist reichlich gedeckt. Auch der Sonntagskuchen gilt als gesichert. Gerade das Backen ist ein idealer Einstieg in das Terrain des Veganismus, da sich der Abtausch der Zutaten in der Tat als recht simpel herauskristallisiert. Weiterer Vorteil: Die Teigschüssel kann zumeist auch roh mit gutem Gewissen ausgeschleckt werden, da keinerlei Gefährdung durch Salmonellen oder ähnlichem besteht. In diesem Sinne: Probier’s doch einfach mal aus und tu dir, der Umwelt und der nächsten Generation etwas Gutes.
HINWEIS: Wer sich dauerhaft für eine rein vegane Ernährungsform entscheidet, sollte sich jedoch mit einem Arzt oder Ernährungsberater kurzschließen, um auf Nummer sicher in Sachen Nährstoffzufuhr und etwaige Substitute in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu gehen.
Zum Rezept:
Vegane Gewürz-Birnen Crostata
Bilder: Fleiss & Freude; wix.com; pexels.com
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