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  • AutorenbildBettina Fleiss

Hoch die heißen Tassen: Glühwein, Punsch & Co.


Sie gehören ebenso zum Winter wie Bratäpfel, Maroni und Lebkuchen: Die geistreichen Heißgetränke bringen Feinschmeckerherzen mit ihrem würzigen Duft und ihrem herrlichen Aroma zum Pochen. Glühwein und seine Verwandten erfreuen sich nicht nur in der Vorweihnachtszeit großer Beliebtheit und schmecken in allerlei Varianten – ganz traditionell im „Häferl“, in Süßspeisen wie Kuchen, cremigen Desserts und Glasuren. Dank alkoholfreier und weniger sündig-süßer Varianten lassen sich die Klassiker auch ohne „rote Nasen“ und Kater mit gutem Gewissen genießen.


Was lange währt…

muss wohl gut sein. Historisch betrachtet reicht das Aufkommen des gewärmten, gewürzten Weines bin ins Rom der Antike zurück. Wie so oft, wenn Italiener und Wein zusammentreffen, ist Genuss nicht weit hergeholt. Sie aromatisierten den Rebensaft zum Zweck der längeren Haltbarkeit und natürlich auch für Gesundheit wie Geschmack mit Gewürzen und Süßungsmitteln. Ob diese Zubereitung dem noch älteren Honigwein Met nachempfunden ist, ist nicht belegt, liegt jedoch nahe. Die Römer nahmen ihren Trank, dem sie Heilwirkungen und allerlei heroische Kräfte zuschrieben, mit auf ihre Feldzüge und genossen ihn bei der Rückkehr in die Heimat als Siegestrank. Wahrlich geglüht haben dabei aber lediglich die Feste, denn die Trinktemperatur war anno dazumal eher lauwarm. Als verzehrfertiges Produkt bot der deutsche Weinbauer Rudolf Kunzmann den heute bekannten Glühwein erstmals 1956 flaschenweise zum Verkauf an, was ihm sogleich eine beträchtliche Strafe einbrachte. Dem damaligen Weinrecht zufolge war es nämlich strengstens untersagt Wein Zucker zuzusetzen.


Im Gegensatz zum Glühwein sind die Wurzeln des zweiten Winterklassikers – dem Punsch – fernöstlicher Natur. Der in Indien beheimatete Trank gelang mit den Briten in unsere Breitengrade. In seinem Namen steckt wörtlich die Fünf (griechisch „pente“ bzw. indisch „pantsch“), was auf die ursprüngliche Zusammensetzung aus Wasser, Zucker, Branntwein, dem Saft vollreifer Orangen und einer Muskat-betonten Gewürzmischung hindeutet. Heute gibt es so zahlreiche Rezepturen wie Gewürze im Orient. Dem Begriff „Pantschen“ kommt im Guten wie auch leider manchmal in einer weniger zuträglichen Form eine maßgebliche Bedeutung zu. Eng verwandt mit dem Punsch ist Grog, der von englischen Seeleuten vor den Küsten Jamaikas zum Leben erweckt wurde. Das mit Zucker und Zitrusfrüchten aromatisierte Mischgetränk aus Wasser und Rum im Mischverhältnis 4:1 schaffte sogar die Aufnahme in die Statuten der Royal Navy.


Der eher ländlich geprägten, heimischen Kultur entspringt eine etwas weniger exotische, aber umso köstlichere Variante der heißen Wintergetränke: der Glühmost. International reiht sich der Hot spiced Cider in die gleiche genussreiche Familie ein.




Die Basis macht den Unterschied

Allen winterlichen Seelen- und Händewärmern in der Tasse ist eines gemeinsam – die flüssige Grundzutat bildet den „Körper“, Gewürze, Aromen von Früchten und so manch Hochprozentiges tun ihr Übriges. Wie der Name schon sagt, ist beim Glühwein der vergorene Saft reifer Trauben die Grundlage. Was die Farbe angeht, hat ganz klar der Rote die Nase vorn und führt die Beliebtheitsskala an. Aber auch Weiß- und Roséweine werden mittlerweile zu Glühwein verkocht. Bei Punsch, Grog und Glogg bildet hingegen Wasser oder Tee die Basis – der „Schuss“ kommt aus der Brennerei hinzu. Bei Most und Cider sind Apfel bzw. Birnen Ausgangsstoff für die fertige Mischung.


Es geht auch köstlich „ohne“

Dass Alkohol nur in Maßen genossen werden sollte, ist hinlänglich bekannt. Wer in der kalten Jahreszeit trotzdem gerne und auch öfter zum „heißen Haferl“ greifen möchte, kann dies auch bei alkoholfreien Varianten tun. Vom Apfel-Zimt-Punsch über einen beerigen Hot-Mocktail bis hin zum Spicy Nicetea in der Glühversion ist beinahe alles möglich. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Oftmals sind die angebotenen Kreationen mit reichlich Zucker und nicht immer natürlichen Aromen versetzt. Das schadet nicht nur dem Wohlbefinden, sondern auch der Figur. Also lieber entweder selbst zubereiten und die Zutaten sorgsam auswählen oder aber auch hier zu maßvollem Genuss tendieren.


TIPP: Um der Süße ihre Sünde zu nehmen, kann Zucker durch Alternativen ersetzt werden. Wer zusätzlich gut würzt, kann ebenfalls für Geschmack bei weniger Kalorien sorgen.


Die Zutaten für den besten Glühwein Glühwein ist nicht gleich Glühwein. Wer sich die Mühe macht und dem Selbstgemachten den Vorzug gibt, der wird in vielerlei Hinsicht belohnt. Was dafür perfekt geeignet ist und was es zu beachten gilt, erfahren Sie hier. In vino veritas Aller Anfang ist leicht: Die Grundlage für einen guten Glühwein ist natürlich der Wein. Entgegen langläufiger Meinung ist es nicht einerlei, welche Flasche dafür geköpft wird, denn obwohl auch andere Aromen zu einem gelungenen Gesamtergebnis beitragen, ist die Wahl der Hauptzutat entscheidend. Klassisch kommt Rotwein in den Kochtopf. Dieser sollte von handwerklich guter Qualität sein, wenige Gerbstoffe enthalten und einen eher gemäßigt in Sachen Säure sein. Trockene, halbtrockene, fruchtige und kräftige Weine meistern das Tete-à-tete mit weiteren Würzkomponenten hervorragend. Heimische Traditionstropfen wie Zweigelt, Blaufränkischer oder Sankt Laurent sind ebenso empfehlenswert wie internationale Weine wie Merlot, Bardolino und Syrah. Für die weiße Variante sind Riesling, Grüner Veltliner und Grauburgunder heiße Tipps. Für Genießer mit dem Sinn für das Besondere kann auch zu Rosé, Schilcher und anderen Spezialitäten greifen. TIPP: Weine haben – je nach Traube und Herstellung – per se einen unterschiedlichen Restzuckergehalt. Dieser sollte bei der Zubereitung von Glühwein berücksichtigt und die Menge an zugegebener Süße entsprechend angepasst werden. Edle Aromen Ist der Beginn mit der Wahl des Rebensaftes einmal getroffen, geht es an den Feinschliff. Neben der obligatorischen Orange – in Form von Schale und Saft – haben abermals Gewürze ihren großen Auftritt. Was in keinem Glühwein fehlen darf, sind Nelken, Zimt und Sternanis. Weitere Geschmacksgeber können nach Belieben und persönlichem Gusto zugegeben werden. Für exquisite Nuancen sorgen zum Beispiel Kardamom, Ingwer, Muskatblüte, Piment und Vanille. Etwas Mut erfordern hingegen Anis, Wacholderbeeren, rosa Pfeffer oder Koriandersamen. Das beste Ergebnis erhält man, wenn man alle Komponenten wohl dosiert und aufeinander abstimmt. Ebenso gibt es im Fruchtsegment abseits der Orange und ihren engen Verwandten wie Blutorange und Zitrone Alternativen. Beerig wird es zum Beispiel durch die Zugabe von Holunder-, Wildheidel-, Josta-, Maul- und Preiselbeeren. Exotische Anklänge versprechen außerdem Grantapfelkerne, Physalis, Hibiskus, Sanddorn und Hagebutte. TIPP: Früchte und Gewürze mit einem intensiven Eigengeschmack kommen am besten in kräftigen Weinen zur Geltung. Sündhaft süß Für historisch überlieferte Rezepte bringen in erster Linie Honig und Rohrohrzucker Süße in den Glühwein. Zubereitungen der Neuzeit warten mit allerhand Alternativen auf – von Sirupen aus Ahorn, Agave, Reis, Dattel und Co über blutzuckerspiegelfreundliche Varianten wie Kokosblütenzucker und natürlichen Zuckerersatz wie Stevia, Maltit, Xylit (Birkenzucker) und Erythrit. Entscheidend sind auch hier die persönliche Vorliebe und das harmonische Ganze. Wovon jedoch gänzlich abzuraten ist, sind künstliche Süßstoffe wie Aspartam und Saccharin. Gekonnt zubereitet Gut Ding braucht Weile und Fingerspitzengefühl. Da Alkohol sich ab rund 80° C verflüchtigt, sollte Glühwein behutsam erwärmt und nicht gekocht werden. Deckel drauf, heißt in diesem Zusammenhang übrigens Geschmack im Topf. Dieser sollte außerdem idealerweise aus Edelstahl oder Emaille sein. Damit sich die volle Würzkraft der weiteren Zutaten entfalten kann, braucht es in erster Linie Zeit: zumindest eine Stunde besagt hier die Faustregel. Serviert wird ganz traditionell im guten, alten Häferl bzw. der Tasse. TIPP: Für Glühweingenuss, der länger anhält, sollten die Tassen vorgewärmt werden, da der Glühwein sonst im Nu abkühlt. Im Sinne der Nachhaltigkeit Die richtige Menge zu kalkulieren, ist wie das (Winter)-Wetter vorauszusagen. Wem also Glühwein übrig bleibt, sollte diesen auf keinen Fall ungenutzt lassen. Nach dem Erkalten kann daraus noch Köstliches entstehen. Wie wäre es mit einer glühende Version des Rotweingugelhupfs, einem aromatisierten Rotkraut oder Glühwein-Obströster? Darüber hinaus lassen sich Überbleibsel in geringeren Mengen auch wunderbar in Schöpfgerichten wie Gulasch und Linseneintopf oder zum Verfeinern von Soßen für Schmorgerichte wie Burgunderbraten und glacierte Backerl verwerten.



Wissen kompakt

Wie auch bei vielen anderen Getränken bewahrheitet es sich bei winterlichen Heißgetränken einmal mehr: Qualität sollte stets vor Quantität in die Tasse kommen. Gute Grundzutaten, besser in Einzelkomponenten als in fertigen Mischungen, etwas Zeit zum Selbermachen und eine Prise Liebe machen den Unterschied. Wer maßvoll konsumiert und auf Alkohol- wie Zuckergehalt ein achtsames Auge wirft, dem ist Gaumen- und Figurschmeichelei gewiss. Damit wird der Glühwein zum Glückswein und trägt „sehr zum Wohl“ bei.



Zum Rezept:

So köstlich schmeckt der Herbst: Die Pink Pancakes mit gebratenen Eierschwammerln sind vegan, gluten- und laktosefrei
Süßer die Glöggchen nie klingen: so köstlich kann es (auch) alkoholfrei sein



Bilder: Fleiss & Freude; wix.com; pexels.com

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